Der systematische Glas-Designer
Gerade einmal 24 Jahre war der Bremer Wilhelm Wagenfeld alt, als er einen der berühmtesten Bauhaus-Klassiker überhaupt entwickelte: Die nach ihm benannte Leuchte, die auch schlicht als „WA24“ oder einfach nur „Bauhaus Leuchte“ bekannt ist. Gerade einmal ein Jahr zuvor wurde Wagenfeld als Silberschmied-Geselle am Bauhaus in Weimar aufgenommen und verdiente sich unter László Moholoy-Nagy, dem Meister der Metallwerkstatt, seine Sporen. Selbiger stellte ihm die Aufgabe, eine Tischleuchte zu entwickeln, die vornehmlich aus den Werkstoffen Glas und Metall besteht. Der Rest ist Geschichte.
Die Wagenfeld Leuchte kennt heute jeder, der sich auch nur im Ansatz mit Designer-Stücken oder der Geschichte des Bauhaus auseinandergesetzt hat. Die ikonische Leuchte gehört zu den Einrichtungsgegenständen, die am meisten auf der Welt kopiert werden. Für Wilhelm Wagenfeld selbst war sie es, die ihn zum „Industriedesigner“ machte, allerdings lange bevor es diesen Titel eigentlich gab.
Schönes für die breite Masse
Ursprünglich will Wagenfeld Maler werden, bevor er lange Zeit überhaupt nicht weiß, womit er langfristig sein Geld verdienen soll. Nach Ausflügen an die Zeichenakademie, kleinen Arbeiten als Künstler und eine Ausbildung zum Silberschmied, landet er schließlich an der Bauhaus-Akademie. Im Jahr 1926 wird er erst Lehrer und dann Leiter der Metallwerkstatt der Staatlichen Bauhochschule in Weimar, nachdem das Bauhaus nach Dessau umzieht. Der Durchbruch als Gestalter mit einer Vorliebe für den Werkstoff Glas gelingt ihm jedoch erst im Jahr 1931.
Im Laufe der Jahre entwirft Wagenfeld weitere Leuchten, ein Teeservice, Vasen, Schalen und Geschirr. Kurzum: Klassische Haushaltsprodukte für die breite Masse, während sein erster großer Wurf, die WA24 bis heute nur für einen Teil der Bevölkerung erschwinglich ist.
In den 1930er Jahren widersetzt sich Wilhelm Wagenfeld den Nazis, weigert sich, in die NSDAP einzutreten und nimmt schließlich eine Stelle als Leiter der Lausitzer Glaswerke an. Er macht es sich zur Aufgabe, selbst Glas-Produkte zu schaffen, die einem hohen Design-Anspruch gerecht werden, selbst wenn die Herstellung kostengünstig erfolgt. Mit seinen Rautengläsern beweist er, dass sein Konzept funktionieren kann.
Wilhelm Wagenfeld und der zweite Weltkrieg
Anfang der 1940er Jahre heiratet Wagenfeld und wird Vater einer Tochter. Durch seine Weigerung, der Partei beizutreten, wird er mit der Ostfront „bestraft“. Er gerät in Kriegsgefangenheit der Sowjetunion und kehrt erst nach Kriegsende in seine Heimat zurück. Sämtliche Entwürfe, Zeichnungen und Modelle sind währenddessen den Bomben zum Opfer gefallen. Wagenfeld wird schließlich Professor für industrielle Formgebung an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und arbeitet nebenbei als freier Designer für Unternehmen wie Fürstenberg, WMF und Rosenthal, bevor er in den 1950er Jahren nach Stuttgart zieht. Dort leitet er die Württembergische Metallwarenfabrik und entwirft sein zweitberühmtestes Produkt: „Max & Moritz“. Einen Salz- und einen Pfefferstreuer, die heute auch als „WMF Zwillinge“ bezeichnet werden.
Im Jahr 1954 eröffnet er die „Werkstatt Wagenfeld“ in Stuttgart, die er knapp ein Vierteljahrhundert betreibt, bis er sich mit 78 Jahren zur Ruhe setzt. 1990 stirbt Wilhelm Wagenfeld.